DIE UFFIZIEN EHREN DEN DEUTSCH-JÜDISCHEN KÜNSTLER DES EXPRESSIONISMUS RUDOLF LEVY, DER IM EXIL IN FLORENZ WAR, NACH AUSCHWITZ DEPORTIERT UND DORT UMGEBRACHT WURDE.
ES IST DIE ERSTE GROSSE DEM DEUTSCHEN MALER UND SCHÜLER VON MATISSE GEWIDMETE RETROSPEKTIVE, EINGERICHTET VON DEN UFFIZIEN AUS ANLASS DES TAGES DES GEDENKENS AN DIE OPFER DES NATIONALSOZIALISMUS.

Die Ausstellung “Rudolf Levy (1875 -1944) – Werk und Exil” von heute an zu sehen im Palazzo Pitti, einem der Standorte der Uffizien. Auf der Flucht vor dem Naziregime lebte Levy in seinen letzten (und fruchtbarsten) Jahren in Florenz, bevor er in das Vernichtungslager deportiert wurde.

Das Dritte Reich hatte sein Schaffen ‘ausradiert’ und als ‘entartete Kunst’ gebrandmarkt.

Der Direktor Eike Schmidt: “Es ist eine moralische Pflicht, den großen Maler und sein Werk zu würdigen und seines tragischen Schicksals zu gedenken.“

Fast achtzig Jahre nach seinem Tod und wenige Tage vor der Wiederkehr des Tages des Gedenkens würdigen die Uffizien den großen deutschen Maler des Expressionismus (sowie Schüler von Matisse) Rudolf Levy (1875 Stettin – 1944 Auschwitz) mit der überhaupt ersten Retrospektive im Palazzo Pitti, die seine gesamte Schaffenszeit deckt. 47 ausgestellte Bilder sowie einige Dokumente, werden von der gepeinigten Existenz Levys erzählen, von den Jugendjahren bis zu den Jahren im Exil, von denen er die letzten in Florenz verbrachte und die künstlerisch als seine fruchtbarsten gelten.

Der junge Rudolf beginnt in Deutschland zu malen, sein Lehrer ist Heinrich von Zügel, einer der Begründer der Münchner Secession. Er zieht dann nach Paris, wo er mit großem Eifer die Kunstschule von Henri Matisse besucht. Nachdem er im Ersten Weltkrieg gekämpft hatte, lässt er sich in Berlin nieder. Hier ist es, wo er 1922 seine erste Einzelausstellung realisiert, mit der er sich einem größeren Kreis in Publikum und Kritik bekannt macht. Als die Verfolgung der Juden durch die Nationalsozialisten beginnt, verlässt Levy Deutschland und es beginnen seine beständigen Ortswechsel; die wichtigsten Etappen sind Mallorca, dann Frankreich, die Vereinigten Staaten und Dalmatien. Im Januar 1938 kommt er nach Italien; nach einem Aufenthalt auf Ischia und etwa einem Jahr in Rom erreicht er 1941 Florenz. In seinem Atelier im Palazzo Guadagni an der Piazza Santo Spirito, findet Levy das verlorene Glück seiner Schaffenskraft zurück: Von 1941 bis 1943 bringt er über fünfzig Gemälde hervor, überwiegend Stillleben und Porträts. Nach der deutschen Besetzung wird er am 12. Dezember 1943 in Florenz verhaftet, im Gefängnis Le Murate eingekerkert, dann nach Mailand ins San-Vittore-Gefängnis verbracht. Am 30. Januar wird er nach Auschwitz deportiert, mit demselben Transport, in dem sich auch Liliana Segre befindet, die italienische Überlebende, inzwischen Senatorin auf Lebenszeit. In Auschwitz angekommen, wird er vermutlich sofort in die Gaskammer geschickt, da er für die ‚Nutzung als Sklavenarbeiter‘ wohl zu alt war. Sein mutmaßliches Todesdatum fällt zusammen mit dem Tag der Ankunft des Transportes in Auschwitz: 6. Februar 1944.

Die Ausstellung “Rudolf Levy (1875 -1944) – Werk und Exil”

Die Ausstellung – entstanden aus einer Idee von Klaus Voigt, dem bedeutenden Historiker, der über das Exil der Juden und der Oppositionellen in Italien geforscht hat – verfolgt das Ziel, Levy einer großen Öffentlichkeit bekannt zu machen. Wegen der grausamen nationalsozialistischen Repression gegenüber den Juden und gegen die sogenannte ‘entartete Kunst’, wurden die Werke dieses Künstlers, die sich in den Sammlungen der deutschen Museen befanden, zum großen Teil entwendet oder gingen verloren. Wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Levy zwei Ausstellungen gewidmet, aber danach wurde es stiller um den Maler. Das Projekt ist von demselben Klaus Voigt, kürzlich leider verstorben, kuratiert, ebenso wie von Susanne Thesing, Autorin der Levy-Monografie, Vanessa Gavioli, Kuratorin der Uffizien, Camilla Brunelli, Direktorin des Museo della Deportazione e Resistenza von Prato.

Florenz ist zentraler Ort für das künstlerische Schaffen Levys, der in der toskanischen Hauptstadt tatsächlich einige seiner charakteristischsten Werke hervorbringt: Stillleben, Landschaften und Porträts.

Die Präsentation gliedert sich in drei Teile. Der erste zeigt eine Auswahl von Jugendwerken, wo der Einfluss seines Mentors Henri Matisse stark hervortritt, gemalt in den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg.
Die Bilder der Jahre zwischen 1919 und 1933, der dem Exil vorangehenden Periode (als der Künstler vorwiegend in Berlin lebt), stellen das zweite Kapitel der Ausstellung zusammen. Zentral bei diesen Arbeiten ist der beständige Dialog mit dem Expressionismus von Matisse sowie mit anderen avantgardistischen Bewegungen der Kunst.
Die dritte Abteilung spiegelt das Spätwerk zur Zeit des Exils von 1933 bis 1943 wider und versammelt Bilder, die 1946 und 1950 in Ausstellungen in Florenz gezeigt wurden. Zusätzlich werden weitere bis jetzt in Italien nie ausgestellte Gemälde gezeigt, die sich heute in privaten und öffentlichen Sammlungen, insbesondere in Deutschland, befinden.
Schließlich ermöglichen persönliche Objekte einen besonderen Einblick: Fotografien und Briefe, die zusammen mit Katalogen und offiziellen Dokumenten Zeugnis ablegen über die Ereignisse seines Lebens.

Die Ausstellung wird mit einigen Varianten im Herbst in Kaiserslautern gezeigt.

Der Direktor der Uffizien Eike Schmidt: „Florenz ist jahrelang ein sicherer Ort gewesen, an dem Levy in einem internationalen Umfeld, das ihm wichtige Impulse gab, hat malen können. Aber die Rassengesetze, die Europa geschändet haben, sind auch hierhin gelangt und haben seinem künstlerischen Schaffen und seinem Leben ein Ende gesetzt. Von Levy haben die Uffizien 2020 ein sehr schönes Portrait eines Mädchens, ‘Fiamma‘, erstanden, welches Levy eben hier in Florenz malte. Und jetzt kommen wir anlässlich des Tages des Gedenkens der moralischen Pflicht nach, das tragische Leben des Malers zu erzählen. Wir haben auch erfahren, dass sich sein Schicksal für kurze Zeit mit dem von Liliana Segre deckte.“

Die Direktorin des Museo della Deportazione e Resistenza von Prato Camilla Brunelli:

Zu wenig hat sich Florenz bisher mit Rudolf Levy befasst: Hier wurde er am 12.12.1943 von SS-Leuten festgenommen. Es fehlte eine ihm gebührende Würdigung als Maler und als NS-Opfer, es fehlte eine monografische Ausstellung, die insbesondere die Jahre des Exils und vor allem die letzten in Florenz fokussierte. Sein Lebens- und Leidensweg wird in der Ausstellung auch durch einen dokumentarischen Teil aufgezeigt, der von dem leider kürzlich verstorbenen Berliner Historiker Klaus Voigt kuratiert wurde. Klaus Voigt hat jahrelang zum Exil in Italien von Juden und Oppositionellen des NS-Regimes geforscht und schrieb an einem Buch über Rudolf Levy. Es ist mir ein Anliegen daran zu erinnern, dass er die Idee zu dieser Ausstellung hatte, die der Direktor der Uffizien Eike Schmidt sofort aufgriff.“

INFOS ZUR AUSSTELLUNG

TITEL: Rudolf Levy (1875 -1944) – Werk und Exil

ORT: Florenz, Palazzo Pitti, Andito degli Angiolini

DAUER: 24. Januar – 30. April 2023

TYPOLOGIE: Kunst des 20. Jahrhunderts

KURATIERT VON: Camilla Brunelli, Vanessa Gavioli, Susanne Thesing, Klaus Voigt

KATALOG: Electa

STUDIENTAG IM GEDENKEN AN RUDOLF LEVY

Im Rahmen der Initiativen, die die Uffizien dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus widmen, findet am 26. Januar 2023 im Auditorium Vasari der Studientag im Gedenken an Rudolf Levy statt, durchgeführt in Zusammenarbeit mit dem Museo della Deportazione e Resistenza von Prato.

10.00 – 10.30 EINFÜHRUNG

Eike Schmidt – Direktor, Gallerie degli Uffizi

Renate Wendt – Deutsche Honorarkonsulin, Florenz

 

10.30 – 12.30 Moderation: Vanessa Gavioli, Le Gallerie degli Uffizi und Camilla Brunelli, Museo della Deportazione e Resistenza von Prato

Marta Baiardi – Historikerin (Institut der Toskana für Zeitgeschichte und Widerstand)

Das schwarze Florenz: Judenverfolgung und Deportationen (1943-1944)

Michele Sarfatti – Historiker (Universität Mailand)

Klaus Voigt und die neue Geschichte der Flüchtlinge in Italien

Patrizia Guarnieri – Historikerin (Universität Florenz)

Immer mit gepacktem Koffer”. Intellektuelle und Künstler in der Migration (Deutschland-Italien und anderswo 1933-1943)

Susanne Thesing – Kunsthistorikerin

Mein Weg zu Rudolf Levy – Begegnungen mit seiner Familie, seinen Freunden und Weggefährten

Pressemitteilung von den Uffizien

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