UZH erwirbt bedeutende Zürcher Handschrift Richard Wagners, Mitteilung an meine Freunde
Zürich war eine wichtige Station in Richard Wagners Biografie und Schaffen. Nach dem gescheiterten Dresdner Maiaufstand im Jahr 1849 gegen den sächsischen König Friedrich August II., an dem sich der Komponist beteiligte, lebte Wagner nach seiner Flucht von 1849 bis 1858 im Zürcher Exil. Die Zeit in Zürich brachte Wagner eine Wende und Neuorientierung in Leben und Werk. Hier arbeitete er nicht nur an seiner berühmten Tetralogie «Der Ring des Nibelungen», sondern verfasste auch wegweisende musik- und dramentheoretische Schriften.
Rückkehr nach Zürich nach 170 Jahren
Das originale Arbeitsmanuskript einer dieser Schriften mit dem Titel Eine Mitteilung an meine Freunde ist nun nach rund 170 Jahren an ihren Entstehungsort zurückgekehrt. Die UZH hat die Handschrift beim Auktionshaus Sotheby’s erworben. Ermöglicht haben dies Zuwendungen der UBS Kulturstiftung in Zürich, der Bareva Stiftung in Vaduz und der UZH Foundation, der Stiftung der Universität Zürich.
«Der Kauf der Wagner-Handschrift ist für Zürich, die UZH und für die Wissenschaft von grosser Bedeutung», sagt UZH-Rektor Michael Schaepman. Begeistert über den gelungenen Ankauf ist auch Laurenz Lütteken. «Solche hochkarätigen Handschriften Wagners sind sonst kaum auf dem freien Markt verfügbar», sagt der Musikwissenschaftler und Co-Direktor des Musikwissenschaftlichen Instituts der UZH. Dort gehört das Werk Richard Wagners zu den Schwerpunkten der Forschung.
Autobiografische und künstlerische Standortbestimmung
Die Mitteilung an meine Freunde entstand im August 1851 in Zürich im Haus «Zum Abendstern» im Quartier Enge (heute etwa an der Adresse Lavaterstrasse 76), kurz vor Wagners Umzug in die Vorderen Escherhäuser (heute am Zeltweg 11). Erschienen ist der Text im selben Jahr als Beigabe und Vorwort zu den Libretti der Opern «Der fliegende Holländer», «Tannhäuser» und «Lohengrin».
Die Schrift ist eine Art autobiografische Standortbestimmung, bezogen auf die Werke vor der Revolution und das grosse nach-revolutionäre «Ring»-Vorhaben.
«Wagner nimmt eine Deutung seines bisherigen Schaffens vor, fasst aber auch pointiert zusammen, was das ‹Musikdrama› künftig leisten soll», sagt Laurenz Lütteken. Ganz am Ende steht daher auch eine Skizze der in Arbeit befindlichen Tetralogie, ausserdem wird der Plan einer Aufführung «im Laufe dreier Tage mit einem Vorabende» entworfen, an einem «eigens dazu bestimmten Feste».
Es ist also zugleich die erste Skizze der Festspielidee, die Wagner dann später mit dem «Ring des Nibelungen» umsetzte.
Entstehung des Texts wird nun erforscht
Das umfangreiche Autograf von Wagners bedeutender Schrift, das nun in der Zentralbibliothek Zürich (ZB) aufbewahrt wird, kehrt nicht einfach nur an seinen Entstehungsort zurück, sondern wird die UZH-Forschenden weiter beschäftigen. Denn der Text ist bisher nur im Erstdruck sowie in der Fassung der gesammelten Schriften und Dichtungen Richard Wagners verfügbar. Die Handschrift lässt dagegen eine intensive Arbeit erkennen. Das Manuskript ist mit dunkelbrauner Tinte geschrieben und mit umfangreichen Streichungen, Korrekturen, Überarbeitungen und Ergänzungen versehen. Die Entstehung des Textes zu untersuchen und nachzuzeichnen ist nun ein umfangreiches Forschungsvorhaben der Musikwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler der UZH. Diese Analysen werden neue Erkenntnisse und Einblicke in das Werk, das Denken und das Wirken Richard Wagners in Zürich ermöglichen.
Nach Abschluss der Forschungsarbeiten wird die Handschrift durch die ZB verfügbar gemacht werden. Das Arbeitsmanuskript der Mitteilung an meine Freunde ist eine weitere Perle in der bedeutenden Wagneriana-Sammlung an der ZB, die Musik- und Textmanuskripte, Musikdrucke, Druckschriften und Briefe umfasst.
Pressemitteilung von der Universität Zürich.